Source:
Alix und Gretchen: Briefe der Zarin Alexandra Feodorowna an Freiin Margarethe v. Fabrice, aus den Jahren 1891-1914 (2002), published by Heinrich, Count of Spreti
The letter:
Geliebtes Gretchen,
Ihr Brief hat mir viel Freude bereitet, denn ich war ganz traurig geworden, so lange nichts von Ihnen zu hören. Seien Sie zu recht vorsichtig & übernehmen sie sich nicht, wenn sie den Dr. gesehen, so erzählen Sie mir doch was er von Ihnen denkt — Gott gebe nur Gutes & was Ihnen sonst grosse Freude bereiten wird. Meine Gedanken sind viel bei Ihnen, denn ich weiß ja wie unvernünftig Sie immer waren. Jetzt aber haben Sie nicht mehr dazu das Recht — Sie gehören sich nicht mehr selbst an. — Endlich hat mir Irene gute Nachrichten geben können, theure Juju ist ausser Lebensgefahr. Die Kur zu Nauheim war ihr sehr gut bekommen, & nun wurde sie plötzlich in Hemmelmark sterbenskrank. Sie hat eine Pflegerin & ihre Mutter bei sich. Bei Irene ist sie gut aufgehoben und bekommt jede Pflege & Fürsorge die nur denkbar ist. Ihr Herz war so schwach geworden & der Puls so unregelmässig, der Arzt hatte Angst vor einem Schlaganfall. — Gottlob ist die Gefahr nun vorüber, aber es wird sehr lange dauern bis sie sich erholt, die Kräfte sind so herunter. Ich habe Qualen ausgehalten — diese Ungewissheit, die grosse Entfernung, es war furchtbar. Armes Wesen, sie ist ja viel zu gut für uns alle, — ihr grosses liebewarmes Herz — und dieses Gottvertrauen. — Ihre Briefe sind eine Wonne, & sie helfen einem in schweren Stunden seine Pflicht zu erfüllen. — Gott weiß ob ich sie je wohl wieder sehen werde — diese Angst verspürte ich auch beim Abschied nehmen im vorigen Jahre — ihre Augen schauen in eine andere Welt. — Es ist nur gut, dass sie bei meiner Schwester ist, wo sie gut verpflegt & verwöhnt wird.
Seit einigen Tagen ist die Hitze hier sehr gross — ich habe mir auch heute das Reiten geschenkt. Mein Mann ist alleine fort & ich sitzte auf dem Balkon, auf der Loggia eigentlich — vor mir zu meinem Füssen liegt das Meer — tiefe Stille herrscht, & die Lilien duften rings um mich herum. Mein kleiner Dompfaff sitzt neben mir & die Papageien schwätzen im Garten. Die Kinder sind auf ihren Eseln fort geritten, die armen kleinen Würmer leiden recht unter der Hitze aber es geht ihnen Gott sei Dank gut. Tatjana läuft allein herum und Olga schwätzt viel. — Ich werde mich leider eine Woche von ihnen trennen müssen, denn wir werden auf Jlagin (Insel bei Petersburg) wohnen & jeden Tag zu den Manövern hinaus reiten. Ich freue mich darauf, denn bis jetzt bin ich hier noch immer zu den Manövern gefahren. — wir spielen täglich lawn-tennis & reiten.
Am 15/27ten August reisen wir nach Moskau, dort findet die Enthüllung des Monumentes Kaiser Alexander II statt. Es wird ein ermüdender Tag werden. Sortie, Kirche, Frühstück, Denkmal, Diner; — mir graut davor wenn es heiss ist. — Dann weiss ich nicht was wir noch ansehen. Eine Parade wird sein mit daran schliessendem grossen Frühstück — Abends bei Ella Ball. Den nächsten Tag, St. Serge & am Abend 19ten Abreise nach Sebastopol. Dort Flottenrevue, Parade, Besichtigung des Friedhofes für die im Kriege gefallenen u.s.w. — wir werden zwei Tage auf der 'Standart' wohnen & dann nach Livadia. Denken Sie an mich wenn ich hinkomme — ich werde Sie & Wernher vermissen. — Aber ich muss nun Addio sagen denn es kommt ein Herr zu mir rüber um über Arbeitshäuser zu berichten die er besichtigt hat. —
In treuer Liebe,
Ihre alte Freundin
Alix
God bless you, vergessen Sie nicht Minos' Geburtstag am 11ten or 13ten. I kiss you.
English translation (my own; original English in italics):
Darling Gretchen,
Your letter gave me a great pleasure as I was very sad not hearing from you for so long. Do right to be careful & do not overtire yourself if you have seen the Dr., tell me what he thinks of you — God only give good & otherwise give you great joy. My thoughts are with you a lot, as I know how unreasonable you have always been. But now you no longer have the right to do so — you no longer belong to yourself. — At last Irene was able to give me good news, dear Juju is out of danger. The cure at Nauheim was very well received, and now she haa suddenly fallen deathly ill in Hemmelmark. She has a nurse and her Mother with her. With Irene she is in good hands and receives every care imaginable. Her heart had become so weak & her pulse so irregular, the doctor feared a stroke. — Thank God the danger is over now, but it will take a long time until she recovers, her strength is so weak. I endured the agony — this uncertainty, the great distance, it was terrible. Poor creature, she is much too good for us all — her great, loving heart — and this trust in God. — Your letters are a delight & they help one to do one's duty in difficult hours. — God knows if I shall ever see her again — I felt this fear when I said goodbye last year — her eyes look into another world. — It is a good thing that she is with my sister, where she is well looked after and pampered.
The heat has been very great here for a few days — I also went for a ride today. My husband has gone alone & I am sitting on the balcony, actually on the loggia — the sea is before me at my feet — there is deep silence, & the lilies are fragrant all around me. My little Bullfinch is sitting next to me & the Parrots are chatting in the garden. The Children rode away on their donkeys, the poor little worms suffer from the heat, but thank God they are fine. Tatiana runs around alone and Olga chatters a lot. — Unfortunately I will have to part with them for a week, because we will stay on Ilagin (island near Petersburg) & ride out to the Manoeuvres every day. I am looking forward to it, because until now I have still driven to the manoeuvres here. — we play lawn-tennis & ride horses every day.
On August 15th/27th we travel to Moscow, where the unveiling of the Emperor Alexander II Monument will take place. It will be a tiring day. Outing, Church, breakfast, Memorial, dinner; — I dread it when it is hot. — Then I don't know what else we are looking at. There will be a parade followed by a big breakfast — in the evening a ball at Ella's. The next day, St. Serge & in the evening on the 19th departure to Sebastopol. There the fleet review, parade, visit to the cemetery for those who fell in the war, etc. — we shall stay on the 'Standart' for two days & then to Livadia. Think of me when I get there — I shall miss you & Wernher. — But now I must say Addio as a gentleman comes over to me to report on workhouses that he has visited. —
In true love
Your old Friend
Alix
God bless you, don't forget Mino's Birthday on the 11th or the 13th. I kiss you.
Above: Alexandra with Nicholas, Olga and Tatiana. Photo courtesy of TatianaZ on Flickr.
Note: Juju = Countess Julia von Rantzau.
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