Source:
Briefe der Zarin Alexandra von Russland an ihre Jugendfreundin Toni Becker-Bracht (2009), edited by Lotte Hoffmann-Kuhnt
The letter:
Mittwoch Darmstadt
Den 7ten Juni/93
Meine liebe Toni,
Von Herzen Dank für Deinen treuen, lieben Brief & Geschenk, Deine süsse Photo habe ich auf meinen Schreibtisch gestellt & ich werde Deiner bei dessen Anblick gedenken. —
Es ist ganz recht von Dir dass Du nichts für mich gemacht, denn ich hätte mir entsetzliche Vorwürfe gemacht, wenn die Arbeit Dir schlecht bekommen wäre. — Ich habe sehr schöne Geschenke erhalten, & eine Unmasse wundervoller Rosen & Briefe; besonders von allen meinen [mich] verfolgenden Backfischen.
— Ich bin froh dass der gestrige Tag vorüber. Es ist einem an einem Geburtstag immer wehmüthig zu Muthe, wenigstens mir, & besonders jetzt, wenn ich der schönen Vergangenheit denke. Wo sind all die Verwandten hingeschwunden — gestorben & weg von der Heimath, die sonst den Tag mitfeierten — & dann hat die Musick gespielt, & wie die einem bewegt, weisst Du; — lustig scheinen & zum Tode betrübt sein.
Doch ist es nicht recht zu klagen, der liebe himmlische Vater hat mir in meinem Leben doch auch manche unvergesslich glückliche Tage gebracht! — Wie die Zeit fliegt — 21 Jahre — fürchterlich! — Und all die guten Vorsätze die man an diesem Tage sich setzt — könnte man sie nur immer ausführen. Schlecht ist der Mensch — das Fleisch ist schwach & der Geist willig. — Kämpfen & ringen stets. — Was mir ganz unendliche Freude gemacht hat, war eine hübsche kleine Karte mit Glückwunsch die ich aus München von dem lieben jungen Ehepaar Ehrhardt erhielt. Es hat mich tief gerührt, dass sie meiner gedacht. — Wie schön sprach Köstlin neulich — ich konnte Dich nicht sehen. —
Ich muss noch Marie Biegeleben Addio sagen, & Singstunde dann, darum mit wiederholtem Dank & innigsten Küssen,
Deine sehr treue Alte God bless you!
English translation (my own, with original English in italics):
Wednesday Darmstadt
7th June/93
My dear Toni,
Thank you from the bottom of my heart for your true, dear letter & gift, I have put your sweet Photo on my writing table & will remember you when I see it. —
It is quite right of you not to make anything for me, because I would have blamed myself terribly if the work had turned out badly for you. — I have received very nice presents, & masses of wonderful roses & letters; especially of all my Girls who pursue me.
— I am glad yesterday is over. One is always sad on a birthday, at least me, & especially now when I think of the beautiful past. Where have all the Relations disappeared to — dead & away from home, who otherwise celebrated the day — & then the music played & how it moves one, you know; — seems funny & saddened to death.
But it is not right to complain, the dear heavenly Father has brought me some unforgettable happy days in my life! — How time flies — 21 years — terrible! — And all the good resolutions that one sets oneself on this day — one could only always carry them out. Bad is man — the flesh is weak & the spirit willing. — Always fight & struggle. — What gave me unending joy was a pretty little card with congratulations that I received from Munich from the dear young Ehrhardt couple. It touched me deeply that they thought of me. — How beautifully Kostlin spoke the other day — I couldn't see you. —
I still must tell Marie Biegeleben Addio, & then Singing Lesson, so with repeated thanks & deep kisses,
Your very faithful Alte God bless you!
Above: Alix.
Above: Toni Becker.
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